Doktorarbeit: Die Entnazifizierung in der SBZ sowie die Rolle und der Einfluß ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR als ein soziologisches Phänomen

Die Entnazifizierung in der SBZ sowie die Rolle und der Einfluß ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR als ein soziologisches Phänomen

2. unveränderte Neuauflage

Studien zur Zeitgeschichte, Band 13

Hamburg , 604 Seiten

ISBN 978-3-86064-614-4 (Print)

Rezension

[...] Wie Kappelt den minutiösen Aufzeichnungen der SED über die NS-Vergangenheit ihrer Mitglieder entnommen hat, war der Zustrom von Ex-Nazis in die SED sehr groß. Der Autor zeigt, daß die SED weniger gegen den Feind von gestern kämpfte als vielmehr gegen innerparteiliche Feinde, die sie etwa im Kreise von Sozialdemokraten vermutete.



Zum Inhalt

Der DDR und der SED dienten weitaus mehr ehemalige Nationalsozialisten, als bisher angenommen. Erstmals wird im Rahmen einer wissenschaftlichen Forschungsarbeit deutlich, dass Mitläufer und Akteure des Dritten Reiches in größerem Ausmaß in der DDR eine neue Karriere machen konnten. Tausende ehemaliger Nationalsozialisten, darunter SS- und Gestapo-Angehörige, KZ-Wächter und Mitarbeiter vom Volksgerichtshof fanden bereits kurze Zeit nach 1945, in der Sowjetischen Besatzungszone, eine neue Verwendung beim Aufbau des Sozialismus. Bereits vor Gründung der DDR war Erich Mielke als Vizepräsident der Deutschen Verwaltung des Innern von der sowjetischen Besatzungsmacht mit dieser besonderen Art der Entnazifizierung beauftragt worden.

Wie Olaf Kappelt in seiner Dissertation an der Universität Würzburg nachweist, war 40 Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur in der DDR noch eine geradezu auffällige Konzentration ehemaliger Nationalsozialisten anzutreffen. In das letzte amtierende SED-Zentralkomitee unter Erich Honecker wurden vierzehn ehemalige Parteigenossen der NSDAP berufen. Dank der Überalterung der DDR-Führungskader und der Kontinuität der Kaderpolitik saßen ehemalige NSDAP-Mitglieder bis zum bitteren Ende der DDR in allen Führungsetagen von Partei und Staat.

Aus Unterlagen des ehemaligen Parteiarchivs beim SED-Zentralkomitee konnte Olaf Kappelt entnehmen, dass bereits zehn Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur bei über zehntausend SED-Führungskadern NS-Belastungen nachweisbar waren. Laut statistischer Erhebung des SED-Zentralkomitees waren zu DDR-Zeiten beispielsweise 12.910 SED- Leitungsmitglieder in den Grundorganisationen belastet durch ihre NS-Vergangenheit. Über zehntausend SED-Parteisekretäre waren Mitglied der NSDAP oder ihrer Gliederungen. Diese statistischen Auswertungen wurden in der DDR als Staatsgeheimnis gehütet und werden durch die wissenschaftliche Forschungsarbeit von Olaf Kappelt erstmalig veröffentlicht. Die Dissertation von Olaf Kappelt zeigt auch, wie frühzeitig Erich Mielke Einfluss auf die personelle Entwicklung der DDR-Gesellschaft nahm. Er nutzte sein Herrschaftswissen über NS-Belastungen, um die SED-Diktatur aufzubauen und abzusichern. Bereits 1946 wurde Mielke mit Personalfragen von der sowjetischen Besatzungsmacht verantwortlich betraut.

Tausende von Akten belasteter Bürger landeten auf Mielkes Schreibtisch, wobei bereits die Sowjets in den Kriegsgefangenenlagern „Vertrauensleute“ aus dem Kreis ehemaliger Nationalsozialisten gewonnen hatten. So galt derjenige, der einmal von der Sowjetmacht als ehemaliger Nationalsozialist zur Mitarbeit gewonnen wurde, als entlastet, bevor er überhaupt aus der Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurückgekehrt war. Diese von den Sowjets vorweggenommene Entnazifizierung in den Gefangenenlagern galt auch in späteren Jahren, sie war Anfang und Schlüssel für viele Nachkriegskarrieren. Nutzbringend wurden SS- und NSDAP-Kader von sowjetischem Boden aus geschult und für neue Führungsaufgaben im Nachkriegsdeutschland vorgesehen.

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