Forschungsarbeit: Faber und Castell – eine passende Verbindung?

Faber und Castell – eine passende Verbindung?

Das Problem von unebenbürtiger Heirat und die Zulassung standesherrlicher Schiedsgerichte am Beispiel der Gerichtsprozesse zwischen Wolfgang Graf zu Castell-Rüdenhausen und den Häuptern beider Linien zu Castell

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Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, Band 97

Hamburg , 204 Seiten

ISBN 978-3-8300-9748-8 (Print) |ISBN 978-3-339-09748-4 (eBook)

Rezension

[...] Anschaulich und lebendig schildert Detzer in der vorliegenden Fallstudie den Verlauf der [...] Familiendramen. [...] Als Fazit sei betont und festgehalten, dass die Lektüre des Bandes lohnt. [...]

Elisabeth Koch in: Zeitschrift der Savigny-Gesellschaft für Rechtsgeschichte, ZRGG 137 (2020)


Zum Inhalt

Es hätte so perfekt sein können. Durch die Heirat zwischen Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen und Ottilie Freiin von Faber war das Stiftunternehmen gerettet. Der hochadelige Kandidat begründete 1898 die neue Linie Faber-Castell und machte sich daran, den Vorsitz der Firma seiner Frau zu übernehmen. Obwohl damit ein gewisser Prestigeverlust für das Haus Castell einherging, begrüßte man die Heirat, versprach sie doch wenigstens eine finanzielle Absicherung, welche man angesichts der vielen Kinder gute gebrauchen konnte.

Als aber sein jüngerer Bruder Graf Wolfgang es ihm gleichtat und 1903 die Schwester Ottilies, namens Hedwig, heiratete, war man über diese Entscheidung weit weniger glücklich. Eine weitere unebenbürtige Heirat empfand man als unvorteilhaft. Die dementsprechende Reaktion verhieß nichts Gutes. Wolfgang Graf zu Castell-Rüdenhausen musste sich ebenso den strengen Ebenbürtigkeitsregeln seiner Familie unterwerfen wie sein Bruder. Seine Frau und Kinder wurden vom Haus Castell nicht anerkannt – ein bis dahin üblicher Vorgang.

Die Sache war damit eigentlich vom Tisch, hätte Wolfgang nicht eine völlig andere Auffassung von einer standesmäßigen Heirat vertreten. Seiner Meinung nach war das Haus Faber keineswegs unebenbürtig. Und auch Graf Alexander stellte sich schützend hinter ihn. So kam es zu einem Ereignis, welches die Grundfesten beider Familien erschütterte. Wolfgang verklagte seine eigene Familie auf Anerkennung der Standesmäßigkeit. Ein Prozess, der sich über alle drei Instanzen der bayerischen Justiz ziehen sollte.

Es ging um nicht weniger als die Frage, wer überhaupt entscheiden durfte, welche Ehe standesgemäß war und welche nicht – der Staat oder die Familie selbst? Die bisher angewandte hausgesetzliche Regelung, dies durch ein Schiedsgericht aus Standesherren entscheiden zu lassen, versuchte Graf Wolfgang für rechtswidrig zu erklären. Dutzende Gutachten von Juristen sollten seine Meinung stützen. So begann ein detaillierter Beweisführungskrieg über das hochadelige Autonomierecht im späten Kaiserreich.

Dieses Buch beschäftigt sich mit einem weiten Spektrum der gesellschaftlichen Zusammenhänge im späten Deutschen Kaiserreich. Dabei wird beispielsweise die Entwicklung der Vorrechte der Deutschen Standesherren in Bayern untersucht, wie auch das Verhältnis zwischen Hochadel und Industrialisierung an sich. Wie häufig waren Heiraten zwischen Adeligen und Industriellen? Wieso hat man dies als Prestigeverlust empfunden? Welche Vorrechte hatte das hochadelige Haus überhaupt? Und was geschah, wenn ein hochadeliger Mann unebenbürtig heiratete?

Wer sich für Adel interessiert, wird um dieses Buch also kaum herumkommen. Eine Geschichte im Spannungsfeld zwischen Industrialisierung und hochadeligem Standesbewusstsein. Ein gelungener Einblick in die Kuriositäten einer Zeit, die heute nicht mehr existiert.

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