Dissertation: Verarbeitung von personbeschreibenden Texten

Verarbeitung von personbeschreibenden Texten

Auswirkungen von online vs. gedächtnisbasierter Urteilsbildung auf Informationsverarbeitung und Gedächtnis

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Studienreihe psychologische Forschungsergebnisse, Band 117

Hamburg , 190 Seiten

ISBN 978-3-8300-2330-2 (Print) |ISBN 978-3-339-02330-8 (eBook)

Zum Inhalt

Sowohl im privaten als auch im beruflichen Alltag sehen wir uns ständig damit konfrontiert, andere Personen zu beurteilen. Häufig kommt dabei schriftlich dargebotener Information wichtige Bedeutung zu. So werden in vielen Bereichen Beurteilungen mit weit reichenden Konsequenzen auf Basis schriftlich vorliegender Information gefällt. Dies ist zum Beispiel der Fall bei schriftlichen Gutachten bei Gericht, die sich maßgeblich auf den Ausgang einer Verhandlung auswirken können, aber auch bei schriftlichen Bewerbungsunterlagen zur Personalauswahl oder bei Gutachten im Rahmen der psychiatrischen Diagnostik.

Rainer Roth befasst sich mit Eindrucks- bzw. Urteilsbildungsprozessen, die aus schriftlichen Personbeschreibungen resultieren. Im Fokus stehen dabei zwei unterschiedliche Arten der Urteilsbildung, die in der sozialpsychologischen Forschung unterschieden werden: Von online Urteilsbildung spricht man, wenn eine Person ein Urteil "online" zu dem Zeitpunkt bildet, zu dem sie die Information wahrnimmt. In diesem Fall wird das Urteil also schon während des Wahrnehmungsprozesses getroffen. Gedächtnisbasierte Urteile hingegen liegen vor, wenn das Urteil erst zu einem späteren Zeitpunkt gefällt wird. In diesem Fall muss der Urteilende Information aus dem Gedächtnis abrufen und basierend auf dieser Information ein Urteil fällen.

Die Frage, wie sich diese beiden Arten der Urteilsbildung auf die Verarbeitung sozialer Information auswirken, wurde in mehreren Experimenten untersucht. Die Experimente zeigen, dass sich die Art der Urteilsbildung sowohl auf den Prozess der Informationsverarbeitung als auch auf das Gedächtnis für die verarbeitete Information auswirkt. Bei online Urteilsbildung wird die dargebotene Information sowohl intensiver verarbeitet als auch besser erinnert als bei gedächtnisbasierter Urteilsbildung. In weiteren Experimenten wird darüber hinaus mit dem Widerspruchsparadigma ein experimentelles Verfahren vorgestellt, das es ermöglicht, Aussagen darüber zu treffen, ob ein Urteil online oder gedächtnisbasiert erfolgte.

Ein Problem der bisherigen Forschung zu online und gedächtnisbasierter Urteilsbildung besteht darin, dass ein Kriterium fehlt, das Aussagen über die Art der im Experiment erfolgten Art der Urteilsbildung ermöglicht. Demnach ist nicht gewährleistet, dass die ursprünglich intendierte Art von Urteilsbildung stattfand.

Eine Möglichkeit, dieser Problematik zu begegnen, besteht darin, im experimentellen Paradigma ein solches Urteilskriterium zu etablieren. Dazu können Lesezeiten aus dem Widerspruchsparadigma herangezogen werden. Ein Vergleich der Lesezeiten eines urteilskonsistenten vs. urteilsinkonsistenten Targetsatzes gibt Aufschluss darüber, ob bei der Enkodierung ein Urteil gebildet wurde. Nur wenn ein Urteil enkodiert wurde, wird die Inkonsistenz des Targetsatzes bemerkt, es kommt zu einer Verlängerung der Lesezeit. Wenn bei der Enkodierung kein Urteil erfolgte, sollten sich die Lesezeiten des urteilskonsistenten und -inkonsistenten Targetsatzes nicht unterscheiden.

Die Ergebnisse von zwei Experimenten, in denen das Widerspruchsparadigma zur Untersuchung online vs. gedächtnisbasierter Urteilsbildung angewandt wurde, bestätigen diese Annahme.

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