Doktorarbeit: Abu Sa‘id Muhammad al-Hadimi (1701-1762)

Abu Sa‘id Muhammad al-Hadimi (1701-1762)

Netzwerke, Karriere und Einfluss eines osmanischen Provinzgelehrten

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ﻧﻮﺮ ﺍﻠﺤﻜﻤﺔ Nur al-hikma
Licht der Weisheit. Interdisziplinäre Schriftenreihe zur Islamwissenschaft
, Band 1

Hamburg , 376 Seiten

ISBN 978-3-8300-1962-6 (Print) |ISBN 978-3-339-01962-2 (eBook)

Zum Inhalt

Gegenstand dieser Untersuchung ist Abu Said Muhammad al-Hadimi (1701-1762). Dieser in der wissenschaftlichen Forschung noch wenig bekannte Gelehrte gehörte zu den bedeutenden osmanischen Provinz-Gelehrten und war ein in vielen Wirkungsbereichen aktiver Mann – Mystiker, Prediger, Mufti und Verfasser. Er wurde über seinen Tod hinaus als große Autorität sowohl in der Mystik als auch in der Rechtsgelehrsamkeit gelobt und verehrt. Seine Schriften zu Theologie, Recht, Ethik und Mystik genossen hohes Ansehen; sie wurden in vielen traditionellen Medresen und im 19. Jahrhundert sogar in modernen Schulen als Kompendien und Lehrbücher verwendet. Darüber hinaus war es sein Verdienst, dass bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts in der kleinen Stadt Hadim bei Konya ein überregionales Bildungszentrum mit großem Einzugsgebiet entstand. Er war es, der hier ein umfangreiches Bildungsnetzwerk aufbaute und dafür sorgte, dass Dutzende prominenter und angesehener Gelehrter und Sufis des 18. und 19. Jahrhunderts eingebunden wurden.

Der Autor rekonstruiert zunächst die Erziehungs- und Bildungstradition, in der Hadimi stand, und diskutiert dabei auch, ob und inwieweit sich das Bildungswesen in den Provinzen des Osmanischen Reich von dem in seinen Zentren unterschied. Dabei wird untersucht, wie Hadimi seine Aktivitäten in der Peripherie organisierte, wer ihn dabei unterstützte und wer nicht, ob er weitgehend unabhängig von Istanbul arbeitete und ob er sich in bestehende Netzwerke integrierte oder eigene Netzwerke aufbaute.

In Zusammenhang mit der Tätigkeit Hadimis als Lehrer stellt der Autor die Frage nach Antrieb und Motiv der Schülermigration. Bot die Ausbildung in Hadim beispielsweise eine Basis für eine Karriere und gesellschaftliches Ansehen? Ebenfalls wird untersucht, ob die Schüler sich in ihrem Berufsleben stets auf die Lehrtradition ihres Lehrers beriefen.

Muhammad Hadimi nahm offensichtlich an verschiedenen Diskursen teil und interessierte sich vor allem für ethisch-mystische und juristische Debatten. Sein großes Anliegen war offenbar die Verknüpfung der spirituellen Erfahrungen der Sufis, welche für viele Rechtsgelehrte umstritten waren, mit religionsrechtlichen Bestimmungen. Hadimi sah sich vor die Aufgabe gestellt, die spirituellen Erfahrungen mit Theologie und Jurisprudenz in Einklang zu bringen. In seinen Schriften findet man so nicht nur Regeln für das praktische Verhalten (etwa im Bezug auf Ehe, Essen, Trinken, Kauf und Verkauf), sondern auch Abhandlungen über die Gottesliebe, Sehnsucht und Hoffnung. Vorliegende Arbeit zeigt, auf welche Art und Weise Hadimi diese Interessen verband und realisierte. Dabei wird auch die Frage betrachtet, ob Hadimi seine Debatten zu Recht, Theologie, Ethik und Mystik eigenständig führte.

Bemerkenswert ist schließlich, dass Hadimi zu den wenigen Gelehrten des Osmanischen Reiches gehört, deren Nachwirkungen in vielen Bereichen bis heute spürbar sind. Das letzte Kapitel widmet sich gerade diesem Aspekt und beantwortet die Frage, welche Personen oder Gruppen in späterer Zeit auf Hadimi bzw. seine Schriften zurückgriffen. Darüber hinaus zeigt es gegenwärtige Projekte und Unternehmungen, deren Hauptanliegen in der Wiederbelebung der Ideen Hadimis sowie in seiner Würdigung besteht.

Der Autor stützt sich bei seinen Untersuchungen auf biographische und bibliographische Literatur sowie eine eingehende Analyse der Schriften Hadimis selbst. Untersucht werden vor allem die Werke zur Mystik und Morallehre sowie zur Theologie und Jurisprudenz.

Diese Untersuchung gibt somit wichtigen Aufschluss über Netzwerk, Karriere und Einfluss der osmanischen Gelehrten und Sufis in Anatolien – umso wichtiger, als die osmanischen Provinzgelehrten des 18. Jahrhunderts in der wissenschaftlichen Forschung bisher weitgehend vernachlässigt wurden. Schließlich trägt die Arbeit dazu bei, am Beispiel von Hadimi die religiöse Bildungstradition, Literatur und Gelehrsamkeit im Anatolien des 18. Jahrhunderts zu erhellen.

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