Doktorarbeit: Variationen von Wirklichkeit

Variationen von Wirklichkeit

Das Bild Jayasthitimallas in der Bhasavamsavali

Buch beschaffen

Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit, Band 24

Hamburg , 330 Seiten

ISBN 978-3-8300-0575-9 (Print)

Zum Inhalt

Der Autor analysiert einen Teil der sogenannten Later Chronicles Nepals, des Teiles, der sich mit Jayasthitimalla befaßt. Jayasthitimalla herrschte im vierzehnten Jahrhundert über das Kathmandu-Tal und gilt noch heute als einer der bedeutendsten Reformer des nepalischen Sozialsystems.

Wie können jedoch Chroniken, die im neunzehnten Jahrhundert entstehen, 500 Jahre zurückliegende Wirklichkeit adäquat beschreiben? Wessen Wirklichkeit beschreiben sie? Denn aus den dazwischenliegenden Jahrhunderten sind keine historiographischen Quellen überliefert.
So entsteht im Laufe der Untersuchung ein überraschendes Bild: Keine der Taten, die Jayasthitimalla zugeschrieben wurden, ist historisch belegbar. Vielmehr beweisen Sprache und Inhalt der Chroniken, daß die Verfasser hinduistisch ideale Topoi anführen und ihre eigene Zeit beschreiben.

1769 war das Kathmandu-Tal von einem Nachbarvolk, den Gorkhas, erobert worden. Die in manchen Versionen der Chroniken auftauchenden Kastenlisten sind auch ein Zeugnis der Reflektion über das Aufeinandertreffen zweier Sozialsysteme; sie beschreiben mitunter im Detail die Tätigkeiten und Zeiten ritueller Unreinheit einzelner sozialer Gruppen. Sie lassen darauf schließen, daß hier und in anderen Teilen der Chroniken Vorarbeiten für das Muluk-i-Ain, einen Gesetzescode, der in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts entstand, eingeflossen sind.

Die Chroniken haben somit viele Funktionen. Sie dienen einerseits als Ort der Aufbewahrung, weniger der Vergangenheit als der Ereignisse der Gegenwart. Gleichzeitig betonen sie aber durch aus anderen Kontexten bekannte Topoi die Richtigkeit des Geschehenen, der Geschichte. Damit legitimieren sie schließlich die Gegenwart, die Eroberung des Tales. Jayasthitimalla, der paradigmatische Herrscher, dient als historische Substanz, um welche Geschichte geschrieben, Geschichten erfunden werden.

Die Faktizität des Beschriebenen ist für die Verfasser nicht in erster Linie relevant, Übergänge ins Fiktive sind fließend. Geschichte mußte in Nepal aus Geschichten bestehen, etwas, was sie in der westlichen Wissenschaft nicht darf, ohne ihre Seriosität zu verlieren.
Jedoch welcher Ansatz wird der Vergangenheit gerechter in einer Zeit, wo postmoderne Geschichtstheorien den Wahrheitsanspruch der Geschichtswissenschaft vehement hinterfragen?

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